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Andrzej Grubba - Grenzaus Gentleman ist unvergessen.

Vor zehn Jahren starb die TTC-Legende - Seine Familie hält sein Andenken in Ehren

Er war der Gentleman des Tischtennis, im Umgang mit dem kleinen Zelluloidball ein filigraner Künstler, den seine Sportart so noch nicht erlebt hatte und den es so auch nicht mehr geben wird. Und darüber hinaus - ganz gleich ob an der Platte oder im alltäglichen Leben - ein äußerst feiner Mensch. Andrzej Grubba hat beim Bundesligisten TTC Zugbrücke Grenzau seinerzeit eine Ära geprägt und dem Klub aus dem Brexbachtal die erfolgreichsten Jahre seiner Vereinsgeschichte beschert. Bis ihn im Alter von nur 47 Jahren eine Lungenkrebs-Erkrankung mitten aus dem Leben riss. 

Zehn Jahre ist das nun schon her: Die Nachricht seines Todes schockte am 21. Juli 2005 die Tischtennis-Welt und die vielen Menschen, die ihn begleitet haben und erleben durften. Bis zum heutigen Tag ist die Legende Andrzej Grubba unvergessen, auch wenn der stolze Pole dies zu Lebzeiten nicht glauben mochte. Grenzau und Grubba - es war die perfekte Symbiose aus Sport, Erfolg und Menschlichkeit. Ein Doppel, das weit über die Grenzen des Westerwalds die Menschen faszinierte. Eine kleine Zeitreise: 

Man schrieb das Jahr 1984, als sich Manfred Gstettner ins kommunistische Polen aufmachte, um seinen Wunschspieler loszueisen. Ein äußerst schwieriges Unterfangen, wie sich der heute 79-jährige Vorsitzende und Macher des TTC Zugbrücke Grenzau dieser Tage erinnerte. „Ich saß im Sportministerium mit den Verhandlungsführern zusammen. Alle hatten Uniform an und wollten vor allem eines: mein Geld“, erzählt Gstettner, der fortan um Andrzej Grubba feilschte, was das Zeug hielt. „Ich dachte, da komme ich nie wieder heil raus.“ Kam er, doch die Verpflichtung des damals 26-jährigen polnischen Nationalspielers war damit noch lange nicht in trockenen Tüchern. 

„Ich habe dann aber nicht mehr locker gelassen“, berichtet Gstettner, der weiter beharrlich um Grubba kämpfte, ihm zu den den großen Turnieren hinterher reiste und dann zur Saison 85/86 schließlich belohnt wurde. „Auch Düsseldorfs Macher Wilfried Micke wollte Grubba, doch ich habe ihn verpflichtet“, erzählt  Grenzaus Macher auch heute noch stolz. Es war der Beginn einer wunderbaren Ära der ganz großen Erfolge im Brexbachtal. 1987 stand Grubba Pate für das Triple: Erstmals wanderten Deutsche Meisterschaft, DTTB-Pokal und Europapokal in die Vereinsvitrine des TTC. Es sollten bis zum Jahr 2006 elf weitere Titelgewinne folgen - an zehn davon war Andrzej Grubba als Spieler und schließlich Trainer beteiligt. Lediglich von 1988 bis 1990 musste der Pole aufgrund der Ausländerregelung des DTTB Grenzau verlassen, dann kehrte er jedoch zurück.

„Andrzej hat unserem Verein unglaublich viel gegeben. Seine Ausstrahlung und wie er das Tischtennisspiel zelebriert hat, waren einmalig“, schwärmt Gstettner noch heute. „Er hat seinen Zuschauern richtig was geboten.“ Was Grubba mit dem TTC gelang, blieb ihm allerdings im Einzel versagt: Stets kurz vor dem Schritt aufs höchste Treppchen bei Europa- und Weltmeisterschaften ausgebremst. Dreimal WM-Bronze, zweimal EM-Silber sowie drei Olympiateilnahme stehen für den einstigen Weltklassespieler zu Buche. Lediglich im Mixed schaffte er es mit der Niederländerin Bettine Vriesekoop zum EM-Gold. 

Seiner einmaligen Karriere tat die Rolle des ewigen Zweiten jedoch keinen Abbruch, auch wenn der überaus stolze Pole dies mitunter als Makel angesehen hat. Noch heute werden immer wieder alte Videos seiner spektakulären Spiele hervorgeholt, auf Youtube feiern seine Fans vor allem die Beidhändigkeit des filigranen Artisten. So wechselte Andrzej Grubba schon mal während eines Ballwechsels die Schlaghand und spielte mit links weiter - nicht selten ohne Erfolg. Doch auch seine bodenständige, durchweg ehrliche, stets bescheidene Art faszinierte die Menschen, denen Grubba begegnete. Umso mehr schockte sein allzu früher Tod.

Heute führt seine Familie sein Lebenswerk weiter - so gut es ohne ihn geht. „Die ersten Jahre waren sehr schwer, vor allem für meine Mutter. Doch mit der Zeit haben wir gelernt, damit umzugehen“, erzählt Tomek Grubba. Der älteste Spross der Familie, der einst in Höhr-Grenzhausen sein Abitur baute und dann Informatik studierte, lebt heute in Leipzig und ist Mitinhaber einer Softwarefirma. „Meine Mutter leitet in Sopot bei Danzig die Andrzej-Grubba-Stiftung“, sagt der mittlerweile 30-Jährige nicht ohne Stolz. Die Stiftung kümmert sich in Polen um die Nachwuchsförderung, die frühere Handball-Nationalspielerin Lucyna Grubba (55) veranstaltet quer durchs Land Turniere für Tischtennis-Kinder. „Das ist ein Fulltimejob“, weiß Tomek Grubba. 

Das Tischtennisspielen hat der 30-Jährige an den Nagel gehangen, obwohl er es immerhin bis zum Zweitligaspieler geschafft hat. Auch sein jüngerer Brudr Maciek (25), der gemeinsam mit Mutter Lucyna in Sopot lebt, tritt selbst ebenfalls nicht in die Fußstapfen des Vaters. Er steht vielmehr vor dem Abschluss seines BWL-Studiums mit Schwerpunkt internationale Wirtschaft. „Alle sechs bis acht Wochen treffen wir uns“, erzählt Tomek Grubba und schiebt hinterher „uns geht es heute gut“. 

Die Spuren des Vaters Andrzej Grubba finden sich derweil vielerorts in seiner polnischen Heimat. So tragen rund 15 Schulen und Sporthallen sowie Straßen und Plätze den Namen der Tischtennis-Legende. Und zum Gedenken anlässlich des zehnten Todestages gab es gar ein Showturnier in einem Einkaufszentrum in Warschau - mit dem schwedischen Weltmeister Jörgen Persson, dem belgischen Europameister Jean-Michel Saive und Grubbas Landsmann Lucjan Blaszczyk. „Das Fernsehen hat drei Stunden live übertragen, es kamen rund 70 00 Menschen an diesem Tag zu diesem Event“, berichtet der Ex-Grenzauer. Womit Andrzej Grubbas einstige These allein schon widerlegt ist: Der Gentleman des Tischtennis wird nicht vergessen.
Rainer Stauber

Zitate 

„Spieler wie Waldner und Appelgren haben Geschichte geschrieben, aber ich war immer nur Zweiter oder Dritter. Man wird mich relativ schnell vergessen.“
Andrzej Grubba

„Ich habe mich in den vergangenen Jahren oft gefragt, ob wir wirklich alles getan haben, um an ihn zu erinnern. Andrzej Grubba hat ein Denkmal verdient.“
Manfred Gstettner (79), Vorsitzender des TTC Zugbrücke Grenzau.

„Andrzej war nicht nur ein außergewöhlich begnadeter Tischtennisspieler, sondern auch ein toller Botschafter für den Tischtennissport. Zudem war er auch ein wunderbarer Mensch und Freund, der leider viel zu früh verstorben ist .“
Steffen Fetzner, Doppelweltmeister 1989 und Ex-TTC-Teamkollege.

„Die Legende lebt. In Polen hat Andrzej Grubba niemand vergessen.“
Lucjan Blaszczyk, Ex-Grenzauer und sportlicher Ziehsohn Andrzej Grubbas.

„Ich habe viel von ihm gelernt. Er hat meine Tischtenniskariere positiv beeinflußt. Es war für mich eine Ehre, mit ihm in einer Mannschaft zu sein. Vor allem aber war er für mich nicht nur ein Trainer und Spielerkollege, sondern hauptsächlich ein sehr guter Freund! Ich werde Andrzej nie vergessen!“
Petr Korbel, tschechischer Nationalspieler.

„Ich werde dich niemals vergessen, mein Freund!“
Mikael Appelgren, schwedischer Europameister und Mannschaftsweltmeister.

„Schlaf gut, Vater!“
Tomek Grubba am 21. Juli 2005.

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