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Personal/Hintergrund  

„Die magische Zahl vollgemacht“

Tischtennis-Legende Lutz Tonndorf (75) von der SG TT Laubenheim feiert 1.111. Spiel

Vorbild in Sachen Einstellung und Engagement: Tischtennis-Veteran Lutz Tonndorf

Dieser Mann ist im rheinhessischen Tischtennis eine lebende Legende. Wegen seiner unverwechselbaren Art, wegen seines Kampfgeistes und wegen seiner Vorhand, bei der kein Gras mehr auf der Platte wächst, wenn er damit zugeschlagen hat. Die Rede ist von Lutz Tonndorf von der SG TT Laubenheim, der sein 1.111. Mannschaftsspiel jetzt mit einer Jubiläumsfeier im Kreise alter Weggefährten gefeiert hat.

„Endlich habe ich die magische Zahl vollgemacht“, freut sich Tonndorf. Am 17. Oktober war es, beim TTC Mainzer Füchse II. Zwar ging das Jubiläumsspiel mit der vierten Mannschaft der in der 1. Kreisklasse beim heißen Aufstiegskandidaten mit 2:7 in die Binsen. Aber der 75-Jährige ließ es sich mit stark bandagiertem rechten Knie nicht nehmen, sein Doppel an der Seite von Marius Schon zu gewinnen. Und sein erstes Einzel hätte der Vorhand-Haudrauf ebenfalls fast zu seinen Gunsten entschieden. Am Ende hieß es 14:16 im fünften Satz. „Einige Laubenheimer waren bei diesem Megaevent live dabei, haben eine mords Stimmung gemacht und mich lautstark unterstützt“, schmunzelt der agile Senior, der auch im hohen Alter vollen Einsatz zeigt und seine Knochen nicht schont. Bei einem seiner berühmt-berüchtigten Schmetterschläge bei den „Füchsen“ traf Tonndorf den Ball nicht ganz und dotzte vor lauter Schwung auf den Boden. „Der Rücken tut mir seitdem immer noch weh“, berichtet der Jubilar. „Aber ich bin stolz, dass ich am 11.11. im 111. Jubiläumsjahr der Alemannia nach meinem 1.111. Spiel in vertrauter Runde zusammen feiern konnte.“

Von seinen 1.111 Mannschaftspartien waren 993 Meisterschaftsspiele, 46 Pokalspiele und 72 Freundschaftsspiele. Davon hat er 527 gewonnen, 115 unentschieden und 453 verloren. „Gezählt habe ich nur das gesamte Mannschaftsspiel, nicht die einzelnen Einzel und Doppel“, erläutert der 75-Jährige, der in seiner ellenlangen Karriere als Plattensportler viel schöne und auch manche weniger schöne Anekdoten berichten hat – von denen nicht alle druckreif sind.

Zu seinen Herzens-Highlights der vergangenen 55 Jahre zählt der bärtige Haudegen, der beim FSV Alemannia Laubenheim von 1967 bis 1982 als Abteilungsleiter, außerdem auch noch als Jugendleiter sowie zwei Jahre als Zweiter Vorsitzender des Gesamtvereins gewirkt hat, unter anderem seine erste Tischtennis-Saison 1967/68. „Ich bin der einzige Hinterbliebene der Gründermannschaft unseres Vereins“, sagt die treue Seele. Ab 1968 forcierte Tonndorf den Aufbau des Schiedsrichterwesens im Rheinhessischen Tischtennis-Verband (RTTV) als Verbandsschiedsrichterobmann. Parallel dazu diente sich der gebürtige Oberbayer unter den Regelhütern hoch. Vom Unparteiischen im kleinen RTTV bis zum DTTB-Schiedsrichter und ITTF-Schiedsrichter. So kam Tonndorf hautnah in Kontakt zu Assen, die noch deutlich besser spielten als er selbst, hatte Einsätze bei der EM 1978 in Duisburg und vor allem auch bei der WM 1989 in Dortmund, wo der heutige Bundestrainer Jörg Rosskopf und „Speedy“ Fetzner sensationell Gold im Doppel holten. Auch in Polen, Ungarn, Italien sowie im ehemaligen Jugoslawien war der Laubenheimer international im Einsatz.

Doch nach 55 Jahren an den grünen und blauen Platten ist für das Urgestein, das zu seinen Glanzzeiten in der Bezirksliga spielte, nach Ende der Vorrunde 22/23 Anfang Dezember wirklich Schluss. „Nach reiflicher Überlegung und schweren Herzens habe ich mich entschieden, meinen Schläger an den berühmten Nagel zu hängen“, formuliert der Angriffsspieler, dessen Frau Heidi ihm in den vergangenen 29 Jahren stets den Rücken freigehalten hat, damit er seinem geliebten Tischtennissport frönen konnte. Im Neuen Jahr werde er nur noch als Trainingspartner zur Verfügung stehen.

„In 111 Jahren Alemannia hat niemand auch nur annähernd das erreicht, was Lutz erreicht hat“, schwärmt Werner Vollrath vom Alemannen-Vorstand in seiner Laudatio auf den „positiv Verrückten“ voller Hochachtung. „Keiner aus unseren Abteilungen Fußball, Wandern, Kegeln und Tischtennis ist seit 56 Jahren dabei und spielt heute noch aktiv um Punkte.“ Und auch beim wesentlich größeren TVL – einem der 16 größten Sportvereine von ganz Rheinland-Pfalz – dürfte es nur wenige Sportsleute geben, die eine ähnlich beeindruckende sportliche Vita vorzuweisen haben wie Lutz Tonndorf...

Text und Foto: Michael Heinze, SportInForm November 2022

 

Vorbild in Sachen Einstellung und Engagement: Tischtennis-Veteran Lutz Tonndorf